wahl.weise

Wenn wieder die Wahlen anstehen, starten bei uns die verschiedensten Kurse, die sich mit Themen rund um die Wahl befassen. Dabei werden Sendungen für Radio und TV sowie eigene Social Media Auftritte auf die Beine gestellt.
Du hast Bock lokalen Politiker:innen auf den Zahn zu fühlen? Du bist bereit dich in kreativen Projekten mit einzubringen? Du willst deine Stimme politischen Podcasts oder dem Bewegtbild leihen? Oder hast du ganz eigene Ideen, wie man dem Publikum Politik auf kreative Weise näher bringen kann?
Dann schreib dich für einen der Wahlweise-Kurse ein!

Im Sommersemester 2024 war Kommunalwahl in Magdeburg. Hier sind die Ergebnisse aus den drei Lehrredaktionen:

Video

Die Lehrredaktion Video hatte zwei Sendungen in Cooperation mit dem Offenen Kanal Magdeburg für das Projekt vorbereitet. Eine Vorwahlsendung, die aufgezeichnet und am Donnerstag vor der Wahl ausgestrahlt wurde und eine Live-Sendung, die am Wahlabend Live gesendet wurde.

Audio

Die Lehrredaktion Audio hatte vor der Livesendung zur Wahl 4 Sendungen zu verschiedenen Themen produziert. Diese können auf h2radio nachgehört werden.

Online

Die Lehrredaktion Online hat auf Instagram Beiträge zu den Wahlen erstellt. Es ging um generelle Wahlthemen, Vorstellung einiger Kandidat*innen und viele weitere interessante Inhalte.

Reportage von Melissa Rieger

 

„Wo sind all‘ die Frauen hin?“

Fragt sich die Deutsche-Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) anlässlich des ersten Frauenforums.

Ein Tagungsraum in Bayern im Juni 2022. Irina möchte Strömungsretterin werden und hat sich dafür zu diesem Lehrgang bei einer Gliederung der DLRG angemeldet. Außer ihr sind noch drei weitere Frauen unter den knapp 20 Teilnehmenden. In der DLRG ist das kein seltener Anblick. Auf den weiterbildenden Lehrgängen im Einsatzbereich der DLRG ist eine hohe Männerquote nicht ungewöhnlich.
Als ich Irina dieses Jahr Anfang Mai auf dem ersten Frauenforum der DLRG kennenlernte, war der Anblick ein ganz anderer. Zur Begrüßungsrunde am Freitagabend ist Die Düne voll mit knapp 60 Frauen aus allen Altersgruppen. Die Auftaktveranstaltung des Forums fand in der Bar des Hotel Delphin, dem DLRG-Tagungszentrum in Bad Nenndorf, statt. „Sowas habe ich bei einer DLRG-Veranstaltung noch nicht gesehen“, sagte mir Irina später in einem Gespräch. Auch die umstehenden Teilnehmerinnen stimmten nickend zu.

47,2% der Vereinsmitglieder sind weiblich und damit nur in der sehr knappen Minderheit. Doch je höher man in den Rängen schaut, umso kleiner wird der Anteil an Frauen, die sich ehrenamtlich engagieren. In den Landesverbänden sind 40 von 176 Vorstandsposten von Frauen besetzt (22,7%). Ein großer Schritt für den Geschlechterausgleich war 2021 die Wahl von Ute Vogt zur ersten Präsidentin der DLRG. Trotzdem sind im Präsidium nur vier von 15 Positionen von Frauen besetzt.
Drei von ihnen saßen nun Anfang Mai im Hotel Delphin vor der großen Gruppe an Frauen und das Staunen war ihnen ins Gesicht geschrieben. Die DLRG-Präsidentin hatte ebenfalls eine Vizepräsidentin, Anika Flöte, und die Generalsekretärin, Tanja Larsson, neben sich, um die Teilnehmerinnen des Forums zu begrüßen. „Es ist schön bei einer Veranstaltung in diesem Haus mal so viele Frauen in einem Raum zu sehen“, waren die einleitenden Worte der Präsidentin.

Diese locker angedachte Runde startete etwas zaghaft. Es war zu erkennen, dass einige Teilnehmerinnen einer Gruppe von so vielen Frauen mit etwas Skepsis begegneten. Die Befürchtung eines großen „Zickenkriegs“ und damit eines eher unproduktiven Wochenendes war spürbar. Glücklicherweise dauerte es nicht lange, bis erste ihre Fragen stellten und Geschichten aus ihrem Alltag mit dem Verein erzählten. Mit jeder weiteren Geschichte wurde mehr und mehr Teilnehmerinnen klar, wie wichtig die Veranstaltung an diesem Wochenende war. „Direkt von den Frauen zu hören, was sie beschäftigt, auf welche Hürden sie stoßen, oder was wir auf Bundesebene tun können, um Frauen in unserem Verein zu unterstützen, war ein Ziel dieser Veranstaltung“, erklärte Ute Vogt. Viele Jahre hatte es nur die so genannte „Frauentagung“ gegeben. Dort war, in einem vergleichsweise kleinen Kreis, immer nur ein einzelnes Thema behandelt worden. Außerdem hatten kaum Vereinsmitglieder außerhalb der Führungskreise von den „Frauentagungen“ mitbekommen.

Das Frauenform soll nun eine wiederkehrende Veranstaltung werden, zu der sich jede anmelden kann – unabhängig von Qualifikationen und gewählten Ämtern. Laut Vogt sei es nur so möglich die verschiedenen Probleme, auf die Frauen im Verein stoßen, richtig abzubilden und anzugehen. Deshalb sei die Erstellung einer zentralen Mitgliederverwaltung eines der wichtigsten Projekte für sie.
Durch die vielen Ebenen im Verein gibt es keine Möglichkeit für den Bundesverband die Mitglieder direkt zu erreichen. Durch eine zentrale Mitgliederverwaltung können Informationen, wie eine Einladung zu einem Forum das speziell an Frauen gerichtet ist, direkt an alle Mitglieder weitergegeben werden.
Trotz der noch fehlenden Mitgliederverwaltung haben es Irina und 60 weitere Frauen geschafft sich anzumelden. Auf dem Forum konnten sie an verschiedenen Workshops teilnehmen, in denen sie ihre Anliegen an den Bundesverband formulierten. Irina hat sich an diesem Wochenende für die Workshops „Warum so bescheiden?“ (Thema: Frauen in Führenden Ämtern wie den Landesverbänden oder im Präsidium) und „Klappern gehört zum Handwerk“ (Thema: Frauen in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit) entschieden. In beiden Workshops hat sich Irina eingebracht und mit den anderen Teilnehmerinnen erarbeitet, was ihnen in diesen Bereichen fehlt und mögliche Lösungen zusammengetragen.

Wie bei einer Kunstausstellung wurde am Abend das Erarbeitete auf Stellwänden präsentiert. Die Teilnehmerinnen schlenderten durch den großen Tagungsraum. Ein zustimmendes Nicken hier, ein „Ja das wäre doch mal was!“ dort. Ideen wurden mit Freude geteilt, bestaunt und diskutiert.
Die Stimmung war gut, spätestens das Rudelsingen (gemeinsames Singen, angeleitet durch zwei Männer mit Gitarren und Mikrofonen) am Abend zeigte, dass alle Teilnehmerinnen über die anfängliche Skepsis hinweg waren. Weg waren die Ängste vom „Zickenkrieg“, weg die Befürchtungen „ja doch nichts voranbringen zu können“. Alle waren sie gemeinsam hier. Hier um zu singen, hier um zu Tanzen, aber eben auch hier, um gemeinsam ihren Verein zu dem zu machen, was er sein kann. Ein offener Verein für alle. Wo sich jede*r einbringen kann. Wo alle an einem Strang ziehen, um gemeinsam Menschen zu helfen.

Trotz der etwas kürzeren Nacht war der Enthusiasmus am Sonntagmorgen nicht verflogen. Es war Zeit für den Programmpunkt, auf den viele der Teilnehmerinnen schon gewartet hatten. Der Leiter der Materialstelle war da. Bereits vorgewarnt über die vielen Beschwerden, die er gleich erhalten würde, stellte er sich der Menge. „Warum habe ich fünf verschiedene Größen in meinem Schrank, die mir alle gleich passen?“, „Warum gibt es fünf oder sechs verschiedene Modelle Badehosen aber nur einen Badeanzug?“

„Wann bekommen wir endlich Funktionsabzeichen mit geschlechtsneutralen oder wenigstens gegenderten Funktionsbezeichnungen?“, waren nur ein paar der Fragen, die dem Mann an den Kopf geworfen wurden. Darüber hinaus wurde sich noch über generell schlecht passende Kleidung, fehlende Damenschnitte und die teilweise schlechte Qualität bei den hohen Preisen für Mitglieder beschwert.
Der direkt anschließende Rundgang durch die Materialstelle war der letzte Programmpunkt an diesem Wochenende. Beim Schlendern über die Verkaufsfläche wurden direkt Vorschläge, wie die vorhandene Kleidung verbessert werden könnte, aber auch Ideen für neue Kleidungsstücke gesammelt. Irina fand den Vorschlag einer „Schnell-Retter-Hose“, die mit seitlichen Klettverschlüssen die schnelle Rettung vom Wachturm aus erleichtern soll, besonders lustig. Das Stirnband, mit dem man auch mit hoher Pferdeschwanz-Frisur keine kalten Ohren bekommt, hatte ihr am besten gefallen.
Mit vollen Köpfen verabschiedeten sich schließlich alle voneinander und machten sich in alle Himmelsrichtungen auf den Heimweg. Irina aber setzte sich in den Zug, um direkt zur nächsten DLRG-Veranstaltung zu fahren. In St. Peter-Ording wird sie eine Woche lang Wasserrettungsdienst machen. Mit der salzigen Nordsee-Luft in der Nase wird sie das Wochenende revuepassieren lassen.
Später erklärte sie mir, dass sie zuversichtlich in ihre nächsten Einsätze geht, ob als Strömungsretterin oder anderweitig. Sicherlich wird sie schon bald ihre Anweisungen von einer Verbandsführerin bekommen und die nächste Qualifikationsurkunde wird sie von einer Ausbilderin erhalten.